Karottenterror
Die Dunkelheit über der ehemaligen
Wüste Gobi verlor allmählich mehr und mehr von ihrer samtenen
Schwärze. Grautöne mischten sich hinzu und stufenweise glitt
die Farbe des Himmels in jenes seltsame Blau hinein, das vorherrscht,
wenn es noch nicht Tag, aber auch nicht mehr Nacht ist. Langsam verblassten
die Sterne, nur die Erdschwester Venus hielt sich tapfer am morgendlichen
Himmelszelt über Terrania City. Fern im Osten, am Horizont, kündeten
dunkle Rot- und Orangetöne das baldige erscheinen der Sonne an. Schon
glühten die Oberen Partien der Solaren Residenz, die hoch und majestätisch
über der Stadt schwebte, wie in Glut gehüllt auf. Zentimeter
für Zentimeter sank die Glut an unten, und als das untere Ende der
Stahlorchidee erreicht war, erstrahlte das Symbol Terras wie eine goldene
Blume, die den neuen Tag und mit ihm Sol begrüßte.
Über den Goshun- See waberten noch dünne Schleier morgendlichen
Nebels. Noch war seine Wasserfläche still und unberührt, doch
mit dem Voranschreiten des Tages würde er bald wieder mit Wasserfahrzeugen
aller Art bedeckt sein, allen voran die nostalgisch anmutenden Segler,
die, nur von der Kraft des Windes angetrieben, ihren Bahnen durch das
salzige Wasser des Sees zogen. Auch an den sanften Ufern und Böschungen
des Goshun erwachte das Leben. Vögel zwitscherten in den vielen Bäumen
und Büschen der Parks und privaten Gartenanlagen zwischen den ruhig
gelegenen Villen und Bungalows. Es war ein Bild des Friedens und ein Ort
der Ruhe, des Entspannens und Abschaltens. Keine Wunder also, dass auch
etliche Regierungsmitglieder der LFT, und auch einige der Unsterblichen
hier ihr privates Domizil, ihre Rückzugssphäre eingerichtet
hatten. Perry Rhodan, der Solare Resident hatte hier sein Heim, Reginald
Bull und auch Gucky, der Mausbiber vom Planeten Tramp nannte einen Bungalow
hier sein Zuhause.
Im Garten seines Grundstückes begann mit dem Morgen ein geschäftiges
Treiben. Zischend erwachten die Bewässerungsanlagen zum leben. Aus
den unzähligen Düsen der vielen kleinen, für das ungeübte
Auge kaum sichtbaren Wasserschläuchchen sprühte das kostbare,
mit Dünger und Mineralstoffen angereicherte Nass und versorgte so
vor allem das angepflanzte Gemüse mit allem Notwendigen. Über
manchen der Beete schimmerten noch die Energiefelder, welche die empfindlichen
Pflanzen vor der Kühle der Nacht schützen, so wie sie später,
gegen die Tageshitze, das Sonnenlicht filtern und Schatten spenden würden.
An der Basis des Bungalows öffnete sich kleine klappen, und ein Heer
von syntronisch zentral gesteuerten Gartenroboter machte sich auf, die
Beete, Pflanzen und Bäume zu Pflegen und in Ordnung zu halten. Da
wurde Unkraut desintegriert, Schädlinge eingesammelt, gestutzt, gejätet,
geschnitten und getrimmt, dass es eine wahre Freude war. Reifes Obst und
Gemüse, abgeerntet und gesäubert, kam zunächst in die Frischestase,
um dem Hausherrn, falls er wieder einmal anwesend sein sollte, zur Verfügung
zu stehen. War die Stasezeit abgelaufen, verarbeiteten die Geräte
und Maschinen der vollautomatischen Küche zu Säften, Suppen
oder Gemüsemischungen und alles wanderte dann, frisch wie am ersten
Tag, in die Tiefkühllagerung.
Während der Garten und die Anlagen rund um das Gebäude versorgt
wurden, machten sich auch etliche Reinigungsroboter im Inneren an ihre
Arbeit. Da wurde gesaugt, Staub gewischt, geputzt und gewienert, das es
eine wahre Freude war. Alles sollte picobello sauber sein, wenn der Herr
des Hauses wieder einmal seine viel zu wenig freie Zeit hier verbringen
sollte. Nach getaner Arbeit verschwanden die Maschinchen wie von Geisterhand
innerhalb von wenigen Sekunden in ihren Depots, wo sich ihre Energiezellen
wieder regenerierten. Danach versanken sie in ihren Ruhestarre, bis der
nächste Impuls der Haussyntronik sie wieder aktivieren würde.
Ruhe kehrte im Bungalow ein. Doch diese sollte am heutigen Tage nicht
von langer Dauer sein.
Urplötzlich, von einem Augenblick zum anderen, materialisierte eine
Gestalt mitten im Wohnzimmer des Hauses. Sie war etwas einen Meter groß
und glich vage einer aufrecht gehenden Maus mit einem abgeplatteten Biberschwanz.
Die Gestalt trug einen Einsatzanzug. Wo dieser nicht den Körper bedeckt,
war ein rötlich braunes Fell zu erkennen. In dem Mausähnlichen
Gesicht funkelten zwei große schwarze Augen. Seitlich am Kopf besaß
die Gestalt zwei riesige, runde Ohren. Besonders markant war jedoch ein
großer, einzelner Nagezahn, der schimmernd aus dem halb geöffneten
Mund hervorblitze. Gucky, der Herr des Hauses war zurückgekehrt!
Augenblicklich reagierte die Syntronik und identifizierte die Gestalt
als berechtigten Eigentümer des Anwesens. Während Gucky die
beiden großen Reisetaschen, die er mit sich führte, einfach
zu Boden fallen lies, um anschließend mit einem leisen Seufzer in
die weichen Polster eines Sessels zu sinken, erhöhte der Rechner
die Lichtdurchlässigkeit der Fenster, sorgte dafür, dass die
Temperatur auf für Gucky angenehme Werte hoch gefahren wurde, und
aktivierte zusätzlich einige Bildschirme in verschiedenen Räumen
des Hauses, auf denen Statusanzeigen, sowie während der Abwesenheit
eingegangene Nachrichten und Informationen aufgelistet wurden. Anschließend
wartete die Maschine auf Anweisungen ihres Besitzers. Dieser hatte die
Beine hoch gelegt und lag zurückgelehnt und still mit geschlossenen
Augen da.
„Musik“, murmelte er nach einigen Minuten der Stille leise
vor sich hin.
„Etwas zur Entspannung und nicht zu laut“.
Der Servo reagierte augenblicklich und sanfte, ätherische anmutende
Töne eines Klangstückes füllten den behaglich eingerichteten
Wohnraum. In dessen offenen Kamin loderten unvermittelt die Flammen eines
holografischen Feuers auf, was zusätzlich einen Effekt der Entspannung
hervorrief. Erneut entrang sich ein tiefer und langer Seufzer der bepelzten
Brust des Mausbibers. Eine ganze Zeit lang lag er einfach nur so da und
gab sich den Wohlklängen der Musik und dem Frieden des Moments hin.
Mit dem dritten großen Seufzer seit seinem Erschein schlug Gucky
dann wieder die Augen auf, nahm seine Füße vom niedrigen Couchtisch
und richtete sich in seinem Sessel auf.
„Servo, bereite ein Bad vor, mit Kräuter- und Duftextrakt Nummer
12“, wies er die Syntronik an.
„Außerdem hätte ich gerne ein großes Glas mit eiskaltem
Karottensaft und einem Schuss Vurguzz drin. Aber wirklich nur ein winziger
Schuss!“
Es dauerte nur wenige Sekunden, da kam ein kleiner Servierroboter aus
der Küche des Bungalows in das Wohnzimmer geschwebt und hielt unmittelbar
vor dem Ilt in der Luft an. Dieser nahm sich das Glas mit dem gewünschten
Saft von der Servierplatte herunter, setzte es an den Mund und leerte
es mit einem einzigen Zug.
„Ah, das ist nicht zu überbieten“, sagte er genießerisch
und schnalzte mit seiner Zunge dazu.
Anschließend stellte er das Glas auf die Servierplatte des Servo
zurück, erhob sich und watschelte in sein Badezimmer hinüber.
Dort angekommen empfing ihn schon das Plätschern des in die große,
runde Badewanne einlaufenden Wassers. Kleine Schaumberge türmten
sich, laufend größer werdend, auf der bewegten Oberfläche.
Ein würziger, mediterran anmutender Duft verbreitete sich im Raum,
anregend und entspannend zugleich. Gucky entledigte sich des hellgrauen
Einsatzanzuges, der achtlos in einer Ecke landete. Ein Servo würde
sich darum kümmern. Der Ilt betrachtete sich im Spiegel. Seine Miene
war ernst, viel ernster, als er es von sich selbst gewohnt war. Die kritischen
Betrachtungen der eigenen Gesichtszüge erbrachten zu seiner grenzenlosen
Erleichterung nichts, was ihm hätte Sorge bereiten können. Und
doch, da war etwas, was nicht so war wie vorher. Gucky hätte einen
Moment lang schwören können, dass er sich nicht selbst entgegenblickte,
sondern dass sein alter Ego Plofre aus dem Spiegelglas zu ihm heraus starrte.
„Na, alter Junge…“, murmelte er halblaut vor sich hin.
„Diesmal haben sie dir aber gewaltig zugesetzt, was?“
Gedankenfetzen zogen an seinem inneren Augen vorbei, ließen noch
einmal die Ereignisse im Reich Tradom vor ihm Ablaufen, in einem gruseligen
Zusammenschnitte, wie aus einem schlechten Trivid- Horrorstreifen. Gucky
sah die Kreaturen von Quinthata, mit ihren seltsamen, schwarz- weiß
gefleckten Kugelköpfen. Er sah ihre schrecklichen Messer auf sich
zufliegen, den Energieschirm durchfliegen. Der Ilt war so schrecklich
hilflos, konnte diese parapsychisch aufgeladenen Waffen nicht mit seinen
telekinetischen Kräften abwehren, sie von sich schleudern. Noch einmal
fühlte er den schrecklichen Schmerz, als die mörderischen Klingen
in seinen kleinen, pelzigen Körper drangen, fühlte die Pein
und die Qual, als er sich Tage lang an der Schwelle zwischen Leben und
Tod bewegte, an der sogar die Kraft des Zellaktivatorchips zu versagen
drohte. Und doch überlebte er, aber von einer seltsamen Melancholie
und Todessehnsucht befallen. Er sah sich als Plofre vom Planeten Tramp,
einsamer und letzter Ilt der Galaxis, von allen verlassen, die er liebte,
Iltu, Jumpy und die ganzen Kolonie der Mausbiber, die einmal auf dem Mars
gelebt hatten. Der Tod war sein Freund geworden, und beinahe wäre
er diesem falschen Freund aus freien Stücken in sein Reich gefolgt.
Und doch hatte er den Weg zurück ins Leben gefunden, einen neuen
Sinn entdeckt, beflügelt von der Begegnung mit einem Ritter der Tiefe
im Puls von Tradom, einem riesenhaften Mausbiber. Diese Begegnung hatte
ihm letztendlich die Kraft und den Glauben an das Leben wiedergegeben.
Er wusste, er war nicht völlig allein im riesigen, scheinbar Grenzenlosen
Universum. Es gab tatsächlich noch andere wie ihn. Gucky war sich
sicher, eines Tages würde er sie finden. Wofür war er unsterblich?
Er hatte doch alle Zeit der Welt!
„Verschwinde!“ stieß er zischend hervor, und das traurig-depressive
Antlitz Plofre’s verschwand.
Er sah nun nur noch sich selbst, mit den feinen, weißen, runden
Fellzeichnungen um seine Ausdrucksstarken, dunklen Augen, die Perry Rhodan
und die Terraner im Jahr 1975 alter Zeitrechnung dazu veranlasst hatten,
ihm den Namen Gucky zu geben.
Und trotzdem, die Ereignisse im Reich Tradom beschäftigten ihn nach
wie vor. Besonders schockierend war für ihn und auch alle anderen
der Expedition die Tatsache, das die Inquisitoren, die Herrscher der Inquisition
der Vernunft, im Grunde Terraner gewesen waren, denen die Zeit und das
Schicksal in böser Zusammenarbeit mit den Genetikern von Kaaf mehr
als übel mitgespielt hatten. Apropos Genetiker und genetisches Kaafix
- da war doch noch etwas gewesen!
Gucky esperte mit seinen parapsychischen Sinnen, und er ertastete im Geiste
ein kleines Mitbringsel aus dem genetischen Kaafix. Behutsam förderte
er mit seinen telekinetischen Kräften ein kleines, gesichertes Kästchen
aus seinem Gepäck hervor. Er hatte es entgegen aller Vorschriften
an der Biokontrolle bei der Rückkehr vorbei geschmuggelt. Während
Gucky das Päckchen aus seinem Gepäck auf den Wohnzimmertisch
schweben ließ, plagte ihn für einen kurzen Bruchteil einer
Sekunde das schlechte Gewissen. Doch seine Neugier und seine Zuneigung
zu frischem Gemüse gewann rasch wieder die Oberhand.
„Syntron“, sagte er in den Raum hinein.
„Im Wohnzimmer liegt eine Box, die den Samen einer Karottenartigen
Gemüsesorte enthält. Sie stammt aus einer anderen Galaxis. Die
Gartenservos sollen sie in das Isolationsbeet einpflanzen, düngen
und mit Wasser versorgen!“
„Einwand“, antwortete die sanfte, Wohlmodulierte Stimme der
künstlichen Intelligenz.
„Die gesetzlichen Vorschriften zur Einfuhr von extraglaktischem
Saatgut verbieten das nicht behördlich genehmigte Einpflanzen und
die Anzucht von biologisch aktivem Material. Liegt eine behördliche
Freigabe vor?“
Gucky stieß einen ärgerlichen Pfiff aus, während er über
den Rand der großen, runden Badewanne kletterte.
„Selbstverständlich habe ich die Genehmigung für die Testanpflanzung,
du dumme Maschine!“ schimpfte er. „Glaubst du wohl, ich hätte
das Päckchen sonst durch die Biokontrolle bekommen? Es handelt sich
lediglich um auf bestem Ertrag und schnelles Wachstum modifizierte Gemüsepflanzen!“
„Selbstverständlich“, kam es aus unsichtbarer Quelle
zurück. „Du weißt, ich bin meinem Programm gemäß
zur Nachfrage verpflichtet“.
„Schon gut“ brabbelte der Mausbiber vor sich hin, während
er sich seufzend in das heiße, würzig duftende Badewasser gleiten
lies.
Während er sich mit geschlossenen Augen dem Luxus des sanft sprudelnden
Bades hingab, plagte ihn aber doch ein wenig das schlechte Gewissen. Natürlich
hätten Biotechniker und Genetiker die Gemüsesamen vorab untersuchen
sollen. Vor allem hätte geklärt werden müssen, wie die
gentechnisch manipulierten Pflanzen auf das terranische Bio- Umfeld reagieren
würden. Kaum ein anderer außer Gucky hätte dieses Saatgut
unerkannt durch die Einreisekontrolle bringen können. Er war einfach
damit daran vorbei teleportiert!
„Was soll denn schon passieren“, murmelte der Ilt leise vor
sich hin. „Ist doch bloß Gemüse. Und es wird ja im Iso-
Feld angepflanzt!“
Damit verschwendete er keinen weiteren Gedanken mehr an seine leichtsinnige
Vorgehensweise, sondern er widmete sich voll und ganz dem heißen
Bad. Die Wärme und der Kräuterduft entspannten ihn und er fühlte
sich so wohl, wie schon seit langem nicht mehr. Da hatten düstere
Gedanken oder gar ein schlechtes Gewissen keinen Platz.
Erst geraume Zeit später verließ Gucky das Bad wieder. Sein
nun wieder gesund und vital glänzender Pelz verströmte den gleichen
würzigen Kräuterduft wie zuvor das Badewasser. In bester Laune
begab er sich in die Küche des Bungalows und stellte anhand der Vorratsliste
der Syntronik die Zutaten für einen kräftigen und schmackhaften
Gemüseeintopf zusammen. Während die Automaten damit begannen,
seine Mahlzeit zuzubereiten, schnappte sich Gucky eine Karotte aus dem
Biostasefach des Kühlschrankes. Zunächst schnupperte er daran,
um anschließend herzhaft Hineinzubeißen.
„Hm, esch göhd dch nüscht üwwer eigne Ärnde…“,
nuschelte er zufrieden und mit vollem Mund.
Die Karotte in seiner Hand rief ihm den Auftrag in sein Gedächtnis
zurück, den er kurz vor seinem Bad der Syntronik gegeben hatte. Schnell
konzentrierte er sich, und schon machte es ‚Plopp’, als die
umgebende Raumluft in das plötzlich entstandene Vakuum, welches seine
Teleportation hinterlassen hatten, hineinstürzte. Nahezu im selben
Moment tauchte der Ilt in seinem Garten direkt neben dem Isolationsbeet
auf. Dieses spezielle Beet hatte Gucky schon vor langer Zeit anlegen lassen.
Es besaß eine Fläche von 25 m². Zum umgebenden Erdreich
war es durch eine dünne Schicht von Panzertroplon abgegrenzt. Für
Wurzeln undurchdringlich besaßen extragalaktische Pflanzen keine
Chance, sich in anderen Bereichen des Gartens auszudehnen. Über dem
Feld spannte sich ein schwacher Energieschirm, der oberirdisch verhinderte,
das Fremdpflanzen über Sporen, Samen oder andere Blatteile in biologische
Wechselwirkung mit der Flora und Fauna hier in Guckys Garten treten konnten.
Außerdem wurde das Erdreich nach einer abgeschlossenen Pflanzenperiode
desintegriert und erneuert. In seinen Augen hatte der Mausbiber damit
alle Eventualitäten bedacht und ausgeschaltet. Der Ilt überzeugte
sich an einem seitlich des Beetes angebrachten Kontrollpaneels, dass alles
in Ordnung war. Mit kleinen grünen Farbtupfern hatten die Gartenroboter
auf der dunklen, schweren und fruchtbaren Erde die stellen markiert, an
denen sie das Saatgut aus dem Reich Tradom gepflanzt hatten. Gucky umrundete
einmal das gesamte Beet und musterte es dabei genau. Anschließend
Teleportierte er zufrieden zurück in seine Küche. Dort wartete
schon der herrlich duftende Gemüseeintopf auf ihn. Genießerisch
schnuppernd ließ er sich noch ein Stück Brot vom Küchenservo
reichen, dann machte sich Gucky schmatzend und schlürfend über
seinen Eintopf her und er legte den Löffel nicht eher aus der Hand,
bis das die Schüssel bis auf den Grund geleert worden war.
„Ah, das war gut!“ pfiff er zufrieden und wischte sich mit
der Pfote über seinen Mund.
Der Ilt lehnte sich auf seinem Küchenstuhl zurück und warf einen
Blick auf die Zeitanzeige des Syntrons, die auf einem kleinen Wandmonitor
zu erkennen war. Für den Abend hatte sich Reginald Bull angesagt,
der ebenso wie Gucky den Rest der Woche zur Erholung in seinem eigenen
Bungalow am Goshun See verbringen wollte. Die beiden hatten verabredet,
gemeinsam einen gemütlichen Abend zusammen zu verbringen.
„Es sind ja noch ein paar Stunden Zeit“, murmelte der Ilt
schläfrig vor sich hin, während er träge seinen kugelrunden,
mit Gemüseeintopf gefüllten Bauch streichelte.
„Ich glaube, ich werde noch ein kleines Nickerchen machen, bevor
Bully rüber kommt“.
Und Plopp! - verschwand die Gestalt des Mausbibers aus der Küche,
um im Wohnzimmer auf der breiten Couchgarnitur wieder zu rematerialisieren.
Gucky holte telekinetisch noch ein paar Kissen zu sich her, knuddelte
sie zurecht und machte es sich dann so richtig gemütlich. Es dauerte
nur wenige Minuten, da erklangen leise Schnarchgeräusche, die davon
zeugten, dass der Ilt fest eingeschlafen war.
Einige Zeit später wurde Gucky schlagartig wach. Mit verschlafenen
Augen starrte er auf das Wanddisplay im Wohnzimmer. Verwundert stellte
er fest, dass er gerade mal eine knappe Stunde geschlafen hatte. Das war
seltsam, denn im Normalfall wäre er erst nach einigen Stunden wieder
munter geworden. Irgendetwas musste ihn also geweckt haben. Doch was?
Da der Ilt weder etwas Verdächtiges sehen, hören oder riechen
konnte, taste er mit seinen telephatischen Sinnen die Umgebung ab. Zunächst
beschränkte er sich auf das Gebäude des Bungalows, kam dabei
aber zu keinem Ergebnis. Also weitete er den Radius seiner Bemühungen
aus. Im Garten stießen die unsichtbaren „Taster“ seines
Geistes auf eine kleine, schwer greifbare Störung des PSI- Spektrums.
„Seltsam“, entfuhr es dem Mausbiber überrascht. „Was
kann das nur sein?“
Angesichts der Tatsache, dass er nicht wusste, was ihn dort draußen
erwarten würde, verzichtete er auf einen Teleportsprung und begab
sich stattdessen zu Fuß in Richtung Terrasse. An der Glasfront seines
Wohnzimmers angekommen, spähte er aufmerksam in die Richtung, wo
er mit seinen Parasinnen diesen schwer zu beschreibenden, diffusen Fleck
im Psispektrum ortete. So sehr er sich auch anstrengte, Gucky konnte nichts
Verdächtiges erkennen. Alles lag völlig ruhig und friedlich
im hellen Licht der Nachmittagssonne vor ihm. Der Mausbiber zuckte einigermaßen
ratlos mit seinen Schultern, dann schob er langsam die Terrassentür
beiseite und trat nach draußen, wo ihm ein warmer Windhauch empfing,
der unzählige Gerüche und das Gezwitscher der Vögel rings
umher in den Bäumen mit sich trug. Gemessenen Schrittes trippelte
Gucky über den angenehm kühlen Steinboden der Terrasse zum angrenzenden
Garten hinüber, wo er der sanft abfallenden Böschung in Richtung
des Seeufers hinunter folgte. Nacheinander passierte er dabei die verschiedenen
Gemüse- und Blumenbeete. Seine Para- Sinne führten in geradewegs
zu dem Isolationsbeet, in das die Gartenservos erst vor wenige Stunden
das Saatgut aus dem genetischen Kaafix gepflanzt hatten. Völlig perplex
starrte er durch das schwache flimmernde Energiefeld auf das Erdreich
des Beetes hinunter. Gucky traute seinen Augen nicht, als er vier kreisrunde,
etwa 50 Zentimeter durchmessene, gelblich- orangene Kreise in der Erde
erblickte, die zudem knapp 15 Zentimeter aus dem Erdreich heraus ragten.
Ihre Oberflächen waren mit Hand langen, struppigen Haaren von dunkel-
orangener Farbe bedeckt, aus denen wiederum dunkelgrüne, bereits
fast einen Meter hohe Blätter Büschelweise heraus ragten, die
sich in der sanften Brise wiegten.
„Das…das…gibt es doch gar nicht!“ stotterte der
Ilt überrascht herum.
„So schnell kann doch gar nichts wachsen! Was haben die Genetiker
von Kaaf da denn bloß geschaffen?“
Zum ersten Mal kamen dem Mausbiber ernsthafte bedenken, ob es wirklich
so gut war, das Saatgut aus dem Gebiet der Inquisition der Vernunft nach
Terra einzuschmuggeln.
Gucky kratzte sich nachdenklich hinter seinen großen Ohren.
„Na, dann werde ich mir wohl besser mal fachlichen Rat einholen!“
Er teleportierte kurzerhand zurück in seinen Bungalow.
„Syntron“, rief er in den Raum hinein, „Schaff mir bitte
eine Verbindung zu LAOTSE. Ich benötigte den Rat eines Biogenetikers,
der auf extraterrestrische Flora spezialisiert ist“.
„Eine Verbindung zu LAOTSE oder zur Solaren Residenz ist derzeit
nicht möglich“, antwortete der Rechner,
„Nanu?“ wunderte sich der Mausbiber. „Was ist der Grund
dieser Störung?“
„Unbekannt. Es liegen keine Informationen vor“.
„Na gut. Verbinde mich mit Reginald Bull“.
„Der Aufbau einer COM- Verbindung ist derzeit nicht möglich“.
„Das gibt es doch nicht!“ schimpfte Gucky. „Liegen Informationen
über den Grund dieser Störung vor?“
„Negativ“, kam die Antwort im freundlich- unverbindlichen
Tonfall zurück.
Jetzt war der Ilt alarmiert. Der Ausfall des TerraCom- Netzes war mehr
als unwahrscheinlich. Er war schon drauf und dran, zu Bully oder gleich
direkt in die Solare Residenz zu teleportieren, als plötzlich der
Doppelton eines Alarmsignals im gesamten Bungalow ertönte.
„Alarm!“ erklang dazu die Stimme des Syntrons. „Fluktuation
im Energiefeld des Isolationsbeetes. Zusammenbruch steht bevor. Kontaminationsgefahr.
Kontaminationsgefahr!“
„Da soll doch gleich der Teufel dreinfahren!“ fluchte Gucky
und sprang wieder hinaus in den Garten, um nach dem Energieschirm zu sehen.
Als er neben seinem IIsolationsbeet materialisierte, machte er sofort
einen erschrockenen Hopser zurück und starrte ungläubig auf
das bizarre Bild, welches sich ihm darbot. Die orangefarbenen Kreise der
Gewächse hatten nun fast einen Durchmesser von einem Meter erreicht,
und dies nur innerhalb der kurzen Zeit, die der Mausbiber benötigte,
um erfolglos Kommunikationsverbindungen herzustellen.
„Das…das ist unmöglich!“ ächzte er fassungslos.
Die dunkelgrünen Blätter, welche aus den flachen Oberflächen
der Pflanzen zwischen den mittlerweile Feuerrot gefärbten, struppigen,
Haarähnlichen Bewuchs hervor ragten, maßen zwischenzeitlich
mindestens 250 Zentimeter. Sie peitschten wild in der Luft herum und glichen
mehr unheimlichen Tentakeln als harmlosem Grünzeug. Außerdem
ragte der obere Pflanzenkörper ebenfalls schon fast einen ganzen
Meter aus dem Erdreich. Er und das wirbelnde Grün drangen in den
bedenklich flackernden Energieschirm, der auf solch eine massive Einwirkung
natürlich nicht ausgerichtet war. Immer wieder erlosch das bläuliche
Flimmern mit einem Funkenregen, um sich danach wabernd und von irrlichternden
Erscheinungen überzogen, kurzeitig wieder aufzubauen. Aus dem Kontrollaggregat
neben dem Beet drang ein bedrohlich klingendes Summen, welches beständig
in der gleichen Intensität zunahm, wie der Energieschirm zusammenbrach.
Es knisterte und roch intensiv nach Ozon. Gucky verstand genug von Technik,
um zu wissen, das das Gerät in Kürze ganz versagen würde.
Es war nur noch eine Frage von Minuten. Schnell sprang der Mausbiber zu
dem Kontrollaggregat hin, um den Schirm ganz zu deaktivieren, bevor am
System irreparablen Schaden entstand. In einem letzten Funkenregen löste
sich das Energiefeld daraufhin auf.
„Ich werde wohl gleich das Beet neutralisieren lassen bevor hier
noch wirklich etwas passiert!“ sagte Gucky zu sich selbst und seufzte
tief. Aber diese Monsterkarotten mit ihrem herum peitschenden Blattwerk
waren nun wirklich nicht das, was Gucky sich unter einem köstlichen
Gemüse vorgestellt hatte. Seine bepelzte Hand legte sich wieder auf
die Sensorfelder der kleinen Kontrolltafel, um die dafür notwendigen
Schaltungen vorzunehmen. In diesem Moment geschah es!
Gucky war so auf die Steuereinheit konzentriert, dass er für einen
Moment nicht mitbekam, was um ihn herum geschah. Einer der Blatttentakel
der im am nächsten im Erdreich des Isolationsbeetes sitzenden Pflanze
holte mit Schwung aus und sauste auf den Ilt zu. Mit gewaltiger Wucht
drosch das Riesenblatt auf den Mausbiber ein, fegte ihn von seinen Beinen
und wirbelte ihn in das angrenzende Gurkengestrüpp hinein. Der Ilt
war so überrascht, dass er nicht einmal einen Aufschrei von sich
gab, als er in das Grün des Beetes stürzte, mit einer Wucht,
die ihm die Luft aus seinen Lungen trieb Aus Schreck geweiteten Augen
sah er, dass nun mehrere der Blatttentakel in seine Richtung zu zielen
schienen. Sie beschrieben schwunghafte Ausholbewegungen und schnellten
dann den zwischen Gurkengrün liegenden Mausbiber zu. Gucky wollte
die heran nahende Gefahr instinktiv telekinetisch abwehren. Doch zu seinem
Entsetzen griff er mit seinen geistigen Kräften ins Leere. Der ‚blinde
Fleck’, den er zuvor geespert hatte, schien sich exponentiell ausgeweitet
zu haben und lähmte seine Parakräfte. Auch ein Versuch, sich
aus dem Gefahrenbereich weg zu teleportieren schlug fehl. Es bliebe gerade
noch genug Zeit, sich mit einem Aufschrei zur Seite zu rollen. So verfehlten
ihn die Riesenblätter knapp und schlugen dicht neben ihn mit ungeheurer
Wucht auf den Boden ein. Blattwerk, Erde, Pflanzensaft und Gurkenstückchen
wurden empor gewirbelt. Und das Blattwerk der genmanipulierten Riesenpflanze
setzte nach. Wieder und wieder rauschten die Strünke heran, schlugen
nach Gucky, der sich in dem Gemüsebeet hin und her wälzte, um
den gefährlichen Schlägen auszuweichen. Sein gerade noch seidig
glänzender und duftender Pelz hatte sich schnell in verdrecktes,
mit Gurkensaft verklebtes, filziges Gekräusel verwandelt. Immerhin
schaffte es der Ilt, zwischen seinen Ausweichaktionen rückwärts
aus dem Gefahrenbereich zu robben. Irgendwann hatte er es so weit geschafft,
dass die Blattstiele knapp vor seinen Füßen auf den Boden droschen,
seinen Körper selbst aber nicht mehr erreichten.
„Du meine Güte!“ stöhnte Gucky laut auf. „Da
habe ich ja was Schönes angerichtet!“
Mühsam und ächzend rappelte er sich langsam auf, wobei er jeden
Knochen einzeln in seinem Körper zu spüren schien. Missmutig
klopfte er sich grob den Dreck und die Pflanzenteile aus seinem Pelz.
Dabei warf er hin und wieder einen Blick auf die im Isolationsbeet tobenden
Riesenkarotten. Und es schien so, als sei dem Mausbiber keine Verschnaufpause
gegönnt.
„Uuuaaahhhhrrrr!“ tönte ein animalischer Schrei von den
Pflanzen her zu Guckys Standort herüber.
Der Kopf des Ilts ruckte alarmiert hoch, und hätte er eine normale
Haut besessen, wäre er bei dem, was er nun erblickte, auf der Stelle
bleich vor Schreck geworden!
Die Karottenmonster aus dem Reich Tradom benutzen nun ihre Blatttentakel
dazu, sich selbst aus dem Erdreich des Isolationsbeetes heraus zu stemmen.
Und das gelang ihnen beängstigend schnell! Den ungläubigen Blicken
Guckys bot sich ein beängstigendes Schauspiel. Vier gigantische,
etwas mehr als 2 Meter große und am Kopf einen Meter durchmessende
Pflanzenmonster schüttelten vor ihm letzte Reste der Erde von ihren
orangefarbenen Körpern. An ihrer unteren Spitze wuchsen vier dicke,
Wurzelähnliche Strünke hervor, die offensichtlich als Lauftentakel
dienten. In etwa der Mitte des Pflanzenkörpers öffneten sich
gerade Faust große, Neongrün leuchtende Augen. Und darunter
gähnte die dunkle, mit Nadelscharfen Zähnen bestückte Öffnung
eines Mauls, dem immer wieder die tierhaften Laute entströmten. Schwankend
standen die Monster nebeneinander auf der Erde. Sie schienen sich auszutauschen,
irgendwie, und ihre Vorgehensweise aufeinander abzustimmen.
Gucky versuchte erneut, der gefährlichen Situation mit einem Teleportersprung
zu entkommen. Doch die blinde Fleck, die Kraft, die seine Parasinne lähmte,
schien noch wesentlich stärker geworden zu sein. So versuchte er
sich langsam, möglichst unauffällig und Rückwärts
gehend von den Karottenmonstern zu entfernen, den Blick unverwandt auf
die genetisch erzeugten Unwesen gerichtet. Doch den Gefallen, nichts zu
bemerken, taten ihm die Riesenkarotten leider nicht. Wie auf ein geheimes
Signal hin hefteten sich acht grässliche Neogrün leuchtende
Augen auf den langsam zurückweichenden Mausbiber.
„Grrraaaaaah!“
Wie ein Angriffssignal schallte der Schrei der Terrorkarotten durch den
Garten des Bungalows. Gleichzeitig setzten die vier Tradom- Gewächse
mit wirbelnden Lauftentakeln dem Ilt nach.
Der warf sich mit einem quietschenden Schrei herum und rannte, was seine
Plattfüße hergaben. Sein Biberschwanz peitschte dabei wie wild
ins Gras. Gucky schnaufte keuchend, während er durch die verschiedenen
Gemüsebeete und dem Rasen auf seinen Bungalow zusteuerte. Dieser
schien auf einmal Kilometer weit entfernt zu sein. Es schien dem flüchtenden
Mausbiber, dass das Gebäude einfach nicht näher kommen wollte.
Doch endlich erreichte er seine Terrasse, die monströsen Gewächse
dicht auf seinen Fersen. Gucky hechtete förmlich durch die Terrassentür,
war sich herum und schloss sie, so schnell es ihm möglich war.
Schon donnerten und krachten die Terror- Karotten gegen das laut Herstellerfirma
bruchsichere Spezialglas. Der Ansturm der genmanipulierten Pflanzen ließ
die Glasfront zur Terrasse in ihrer Umfassung beben. Dies und das ständige
Klatschen der grünen Blatt- Tentakel gegen das Glas erzeugten einen
Geräuschorkan, der ausreichte, einem das Blut in den Adern gefrieren
zu lassen. Schaudernd wich Gucky langsam in den Wohnraum zurück,
die weiter anstürmenden Tradomkarotten nicht aus den Augen lassend,
als plötzlich ein berstendes Geräusch seine Nackenfellhaare
zu Berge stehen ließ. Mit ungläubigem Entsetzen erkannte der
Ilt sich rasch verzweigende Risse in dem Spezialglas.
„Nein, nicht!“ gab er ächzend vor Schreck von sich.
Und da geschah es auch schon. Mit einem lauten Knall platzte das Glas
geradezu auseinander. Gucky konnte gerade noch seine Arme hochreißen,
da wurde er auch schon von einem Schauer scharfkantiger Trümmerstücke
eingedeckt. Im nächsten Moment waren auch schon die Karottenmonster
im Wohnzimmer. Blatttentakel schnellten vor und schlangen sich um den
Leib des Mausbibers. Dieser versuchte sich mit Händen, Füßen
und dem einzigen Nagezahn zur Wehr zu setzen. Doch vier Riesenkarotten
gegen einen Mausbiber, der dazu noch nicht einmal seine Parakräfte
einsetzen konnte, das war ein verheerendes Ungleichgewicht.
„Sssssttirrrrrbbbb!“ gurgelte das zuvorderste Pflanzemonster
aus seinem geifernden Spitzzahnmaul hervor.
„Duuuuu musssssttttt ssssstterrrrbbennnnn!“
Weitere Blattgreifarme zuckten heran, packten den Körper des Ilt
an seinen schmalen Schultern und schüttelten ihn heftig.
„Nein!“ schrie Gucky verzweifelt und hilflos zugleich.
„Lasst mich los, ihr, ihr…Terror- Gemüse!“
Immer mehr der Blattartigen Tentakel peitschten heraus, strichen ihm über
den Körper, und sein Gesicht, so das Gucky seine Augen schließen
musste, um sie zu schützen. Das Monster packte hart zu, schüttelte
den Ilt stärker und stärker durch. Dabei stieß es ein
abgehacktes, schaurig klingendes Lachen aus.
„Ssssttterrrrrrrrbbbbeeennnn!“ grunzte es erneut, „Jjjjjeeeetzzzzttt
mussssttttt ddduuu …..“
„…endlich zu dir kommen! Was ist denn bloß mit dir los,
Gucky?“ drang eine besorgt klingende Männerstimme dem Mausbiber
in die großen Ohren.
Staunend registrierte der Ilt, dass sich die fürchterliche, guttural
und zischelnd klingende Stimme des Pflanzenmonsters schlagartig verwandelt
hatte, ja sogar vertraut, fast familiär für ihn klang. Auch
hatte sich der unbarmherzige Druck der Blatttentakel vermindert. Gucky
spürte nur noch eine Berührung an seinen beiden Schultern. Er
öffnete vorsichtig seine beiden Augen und zuckte erschrocken zurück,
als er dicht vor sich kurze, rot gefärbte Borstenhaare erblickte.
Instinktiv setzte er seine Parakräfte ein und stellte erleichtert
fest, dass diese nicht mehr behindert wurde. Also packte er telekinetisch
zu.
„Guck, was…“, schrie jemand überrascht auf, um
gleich darauf ein heftiges „Uff!“ auszustoßen, als ihn
der Mausbiber gegen die Wohnzimmerwand krachen ließ.
„Bully!“ schrie nun seinerseits der Mausbiber auf, als er
erkannte, wer da gerade fluchend und schimpfend von der Wand auf die Couchgarnitur
purzelte und anschließend mitsamt Kissen und allerlei Nippes zwischen
Sofa und Couchtisch zu Boden ging.
„Bist du von allen guten Geistern verlassen?“ schimpfte der
Liga- Minister für Verteidigung, während er sich aus seiner
misslichen Lage befreite und wieder aufrappelte.
Er warf einen wütenden Blick in Richtung des Ilts, der ihn total
überrascht aus seinen großen, dunklen Augen anstarrte.
„Was ist?“ schimpfte Reginald Bull weiter und warf einige
Kissen zornig auf die Couchgarnitur zurück. „Willst du mir
vielleicht mal erklären, weshalb du mich gegen die Wand hast klatschen
lassen?“
„Du…ich….Angriff…“stammelte Gucky verdattert.
„Tradom….Inquisition….Genetiker….Karottenterror….keine
Kraft…konnte nichts ausrichten…“ folgte als Beschreibung,
was für Bully natürlich nicht allzu viel Sinn ergab.
Bull kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf, während er den Hervorgehaspelten
Erklärungen des Mausbibers lauschte.
„Wenn ich dich richtig verstanden habe“, fasste er dann zusammen,
als der Ilt verstummt war, „…dann hast du wieder mal extraterrestrisches
Saatgut eingeschmuggelt. Und anschließend hat dir dein schlechtes
Gewissen wohl einen Mords- Albtraum verpasst. Geschieht dir ganz recht!“
fügte er dann noch feixend hinzu.
Der Anblick des immer noch verwirrten und aufgeregten Freundes ließ
dann aber doch Mitleid in ihm aufkommen.
„Du meine Güte, muss das ein Traum gewesen sein. Du bist ja
immer noch ganz von der Rolle!“ sagte er zu Gucky.
Dann erhob sich Bully und wandte sich der Küche zu.
„Ich glaube, etwas zu trinken wird dir gut tun! Ich hole dir am
besten ein großes Glas Karottensaft!“
„Ahhhh!“
Guckys kurzem Schrei folgte ein leises ‚Plopp’.
Reginald Bull drehte sich um, doch der Mausbiber war verschwunden.
„Gucky?“ fragte er in den Raum hinein. Eine Antwort blieb
jedoch aus.
Da lachte der Liga- Verteidigungsminister kurz auf und ein breites Schmunzeln
zog über sein Gesicht.
„Mein lieber Mann, der geträumte Karottenterror scheint wirklich
heftig gewesen zu sein!“
Er orderte vom Küchenservo ein großes Glas Vurguzz, dann machte
er es sich auf dem Sofa bequem. Gucky würde sicher bald wieder auftauchen,
und dann wollte er den Traum von den Monsterkarotten in allen Einzelheiten
erzählt bekommen. Noch einmal stieß Bully ein heiteres Lachen
aus und schüttelte amüsiert seinen Kopf.
„Karottenterror, also so was!“
ENDE
Karottenterror wurde geschrieben von:
Bernd Walter
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